Oceanis 38.1 (Beneteau)
- angelika
- Jul 24, 2021
- 4 min read
Tatsächlich. Wir haben Extremely Last Minute (Samstagmittag für Samstag 17 Uhr) nochmals eine Segelyacht gechartert, mit dem hübschen Namen Bellagio. Sie war uns bereits am Vortag offeriert worden, aber da war sie uns noch zu teuer. Geduld bringt Prozente. Und ein SUP und einen Aussenbordmotor fürs Dinghy gratis obendrauf. So geht das.
Und wir haben uns aus dem Internet noch ein Handbuch runtergeladen „Segeln für Idioten“. So ausgerüstet ging es dann am Sonntag von Trogir los. Wieder ohne Skipper, nur zu zweit. Und wir sind gar nicht gesegelt wie Idioten. Im Gegenteil. Wir haben am zweiten Tag auf dem Weg von der Bucht Uvala Sesula (Insel Solta) nach Stari Grad (Insel Hvar) 8 Knoten gemacht, mit super Seitenwind. Wir mussten am Schluss total nur 13 l Diesel tanken, d.h., wir sind viel gesegelt, trotz eher wenig Wind. Nach der Erfahrung letzte Woche sagen wir aber ohnehin lieber zu wenig Wind als zu viel.
Dann gibt es aber immer wieder mal etwas, das die Euphorie dämpft. Zum Beispiel haben wir einmal richtig mies geankert, obwohl es davor immer gut ging. Oder ich ruf im falschen Hafen an, meine aber, ich sei richtig. Ah, wir müssen in die andere Marina, ach so (in Trogir gibt es zwei Marinas, was ja schon ein bisschen fies ist). Aber eben, für zwei Neulinge alleine auf einer knapp 12 m Segelyacht schlagen wir uns gut. Unsere Segellehrer aus Herceg Novi, Natasha und Ilija, haben uns heute sogar geschrieben, dass wir bei weitem (sic!) ihre entschlossensten Schüler mit dem schnellsten Fortschritt seien, die sie je hatten. Und sie machen das immerhin seit sechs Jahren. Vom Basiskurs in ihrem Segelboot zu einer 12 m Yacht in unter einem Monat sagen sie nur noch Chapeau. Aber die Zeit muss man halt auch haben. Sonst kann man das ja gar nicht so durchziehen, das ist schon klar. Trotzdem hat es uns gefreut, das zu lesen. Und die beiden Chartergesellschaften (Sunlife Split und More Yacht Club Trogir) sind auch zufrieden. Beide Checkouts ohne Reklamation. Uff. Aber nun nach zwei Wochen ist es auch okay, wieder an Land zu sein, wobei wir so lange auf See waren, dass mir mittlerweile schon am Festland schlecht wird. Nein nein, wird es nicht, aber den Seegang in den Beinen spürt man tatsächlich ziemlich stark.

Was kann man so allgemein noch übers Segeln sagen? Segeln ist in mehrfacher Hinsicht gesund. Es ist Urlaub für die Augen. Man schaut viel in die Weite, was Erholung pur ist für die Bildschirm-Augen. Man ist viel draussen, frische Luft, viel Tageslicht. Man schwimmt, man rackert sich teilweise ab auf dem Boot, man geht viel, am Land zum Städtchen gaffen und ja, Stari Grad haben wir beim zweiten Anlauf doch noch gesehen und es ist tatsächlich wunderschön.
Segeln ist super fürs Teambuilding. Hätten wir eine Bude, würden wir sofort als Teambildungsmassnahme eine Woche segeln gehen mit der Belegschaft. Das ist ohnehin üblicher als das Paar-Ding auf dem Boot. Im Schnitt sind mindestens sechs Leute auf einem Boot. Bei manchen Katamaranen kam gleich ein halbes Dorf raus. Wir nur zu zweit waren die absolute Ausnahme.
Wenn man in der Nacht im Dunkeln das WC spült, dann sieht man das Plankton glitzern. Ausserdem hatten beide Boote die Dusche im Waschbecken integriert (Wasserhahn zum Rausziehen), was bedeutet, dass ich endlich wieder ein Bidet hatte, was ich in Europa schon vermisst hatte. Also zuhause wird das fix nachgerüstet (siehe auch Blogeintrag Bidet Olé, Oman).
Segeln kostet einige Nerven. Als wir vor Bootsabgabe tanken gingen, haben wir uns total gefreut, dass endlich mal eine Wiederholung kommt. Sonst war ja alles ständig neu. Getankt hatten wir schon einmal, also wird das sicher super oder zumindest wissen wir, was kommt. Also alle Fender auf Starboardseite (rechts) raus und siegessicher geht es Richtung Tankstelle und plötzlich, was, was machen die da? Wie stehen die da? Wie muss man hier anlegen? Und es stellt sich raus, dass doch wieder alles anders ist. Ein Boot hatte seitlich angelegt, die anderen rückwärts. Wir mussten dann auch rückwärts ran. Wenigstens kein Fenderwechsel auf die andere Seite.
Segeln bringt wunderschöne Buchten (z.B. Uvala Sesula oder Bobovisca), wo man Schnorcheln kann, noch vor dem ersten Kaffee, wenn man mag. Ankern und Bojen sind sowieso cooler als Häfen, weil man dort nicht schwimmen kann. Allerdings braucht man manchmal Strom und Wasser und dafür muss man halt in einen Hafen. Danke an Lukas und Martin für die tollen Tipps!
Gestern sind wir nach dem Tanken sogar nochmals rausgefahren und haben in einer kleinen Bucht in der Nähe doch nochmals souverän geankert, geschnorchelt, spätes Mittagessen gekocht, ein Bier aufgemacht, schöne Musik gehört (eine UE Boom ist einfach ein Muss) und konnten unser Glück kaum fassen. Vor fünf Minuten wussten wir noch gar nichts vom Segeln und nun sassen wir da und wir haben uns wirklich selber auf die Schultern geklopft, weil es tatsächlich nicht ohne war und aber so eine schöne Erfahrung. Wir werden auf jeden Fall weiter segeln. Das ist so sicher wie Lee vor Luv.
Nun sitzen wir im Schatten eines Baumes auf einer Bank am Pier und warten, bis unser Flixbus von Trogir nach Zagreb kommt (4.5 Std. für gesamt EUR 47). Und von Zagreb geht es dann am Montag mit dem Nachtzug weiter direkt bis nach Buchs SG (14 Std. für gesamt CHF 256, Schlafwagen). Ohne Umsteigen. Ist das zu fassen. Das hätte ich ja nicht gedacht. Das heisst, wir kommen am Dienstagmorgen, 27. Juli 2021, nach sechs Monaten und knapp zwei Wochen wieder nachhause. Es fühlt sich schon irgendwie komisch an, aber wir freuen uns sehr auf die Heimat. Und wir haben uns fest vorgenommen, das gute Wetter mitzubringen. Wir hoffen, es passt ins Handgepäck.
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